Weihnachten mit Whisky und Mince Pie

Wenn Karen Wilding über Weihnachten spricht, erahnt man sofort den Duft von in der Küche brutzelnden Speisen, das Lachen im Familienkreis und den gemütlichen Trubel, der ihr Zuhause Jahr für Jahr erfüllt. „Das ist für mich die echte Magie von Weihnachten“, erzählt sie.

Dabei ist Weihnachten ein Fest, das in Schottland lange Zeit ganz anders aussah als heute: Tatsächlich war das Fest hier über fast vier Jahrhunderte hinweg verboten, weil die Presbyterianer (die reformierte Kirche Schottlands) den Festtag als katholisches Überbleibsel betrachteten. Die Reformatoren sahen Weihnachten nicht als biblisches Fest und lehnten den konsumorientierten Charakter der Feierlichkeiten ab.

Daher war Hogmanay – das schottische Silvester – traditionell das größere Fest. Eine der bekanntesten Traditionen ist das „First-Footing“: Die erste Person, die nach Mitternacht das Haus betritt, bringt kleine Glücksbringer wie Kohle, Brot oder Whisky mit. Heute aber, sagt Karen, ist Weihnachten für viele Familien das bedeutendere Fest.

Erst 1958 wurde Weihnachten in Schottland wieder gesetzlicher Feiertag. Zu Karens persönlichen Lieblingsritualen gehören die kleinen, liebevollen Gesten am Heiligabend: Für den Weihnachtsmann wird ein Mince Pie – ein typisch britisches, mit Trockenfrüchten und Gewürzen gefülltes Weihnachtsgebäck – bereitgestellt, dazu ein kleines Glas Whisky als Stärkung für die lange Reise. Rudolph, das wohl bekannteste Rentier des Weihnachtsmanns, bekommt eine Karotte. Für die Familie ein traditioneller Moment, der die festliche Stimmung perfekt einläutet.

Ein weiterer Programmpunkt des Abends ist der Klassiker „A Christmas Carol“. Die Geschichte von Charles Dickens über den geizigen Ebenezer Scrooge ist fester Bestandteil des britischen Weihnachtskults. Bei Karen läuft – wie in vielen schottischen Haushalten – die berühmte Schwarz-Weiß-Verfilmung von 1951 mit dem Schauspieler Alastair Sim.

Auch musikalisch bleibt Schottland Traditionen treu: Während der Weihnachtsbaum bereits am ersten Dezemberwochenende geschmückt wird, erklingt zum Jahreswechsel der Klang der Dudelsäcke vom Edinburgh Castle. Genau um Mitternacht begrüßt ein einzelner Piper das neue Jahr, bevor landesweit „Auld Lang Syne“ angestimmt wird – Momente, die tief in der schottischen Kultur verwurzelt sind. Der Text stammt von Robert Burns, einem berühmten schottischen Dichter, aus dem Jahr 1788. Der Ausdruck „Auld Lang Syne" bedeutet etwa „Alte Zeiten“ oder „Vergangene Tage“. In Schottland wird es an Silvester gesungen, oft Händchen haltend in einem Kreis, um Freundschaft, Erinnerungen und das vergangene Jahr zu feiern. Es symbolisiert Abschied und Neubeginn zugleich.

Welche Tradition Karen ihren Kolleginnen und Kollegen weltweit ans Herz legen würde? „Die kleinen Rituale pflegen, die ein Fest besonders machen – sie schaffen Stimmung, Nähe und ganz viel Weihnachtszauber.“