Neues Leben hinter alten Fassaden
Vielfalt statt Monokultur, mehr Raum zum Leben, Arbeiten und Wohlfühlen:
Der Strukturwandel in den Städten hat auch viele gute Seiten – wenn man bestehende Gebäude clever (um)nutzt.
Neue Gesichter
Noch lärmen die Betonmischer und Presslufthämmer, doch schon bald könnte das Zentrum von Recklinghausen der Ort sein, an dem sich die Zukunft der Innenstädte besichtigen lässt. Hinter der historischen Fassade des früheren Karstadt-Kaufhauses entstehen kleine Geschäfte, ein Hotel, eine Kita und Apartments für betreutes Wohnen. Ab 2021 soll das neue „Marktquartier“ das Leben zurück in die Fußgängerzone holen.
Die Stadt im Ruhrgebiet lässt gerade hinter sich, was viele andere Städte noch vor sich haben: Leerstand, Monokultur, verwaiste Einkaufsstraßen. Die Corona-Pandemie setzt vielen Einzelhändlern zu, auch Gastronomie und Hotellerie leiden. Das Bild der Innenstädte dürfte sich in den kommenden Jahren stark verändern.
Dafür gibt es mehrere Gründe: Der Onlinehandel verlagert das Shopping ins Internet, Digitalisierung und Homeoffice machen viele Bürogebäude und das tägliche Pendeln überflüssig und auch der Tourismus könnte infolge der Reisebeschränkungen dauerhaft zurückgehen. Die Folge: Die Menge an Menschen, die in die Innenstädte strömt, schrumpft.
All das wirkt bedrohlich – doch es liegt auch eine Chance darin.
Umbau und Umnutzung historischer Gebäude ermöglichen es Stadtplanern und Architekten, Einzigartiges zu schaffen. So
wandelte das Architekturbüro Aadam einen Bürokomplex in der niederländischen Stadt Barendrecht zu einer modernen WG mit
57 Mikroapartments um.
Die St. Thomas Church in London ist heute ein kantonesisches Restaurant. Selbst Hochbunker aus dem Zweiten Weltkrieg werden als Kulturzentren oder zu Wohnzwecken genutzt. In Zürich zog die Kunsthochschule in das Gebäude einer ehemaligen Großmolkerei – mit spektakulärem Entrée. „Umnutzungsprojekte bringen Architekten auf Ideen, die sie sonst nie hätten haben dürfen“, sagt Witali Späth, Stadtplaner bei der RZU, dem Planungsdachverband Region Zürich und Umgebung.
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